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Der Wind blies eisig am Samstag als die Grünen Eisenstadt zum StadtBaumSpaziergang mit dem Experten Ing. Joseph Klaffenböck* luden.

Bei einem kleinen Frühstück im Stadthotel erzählte Ing. Klaffenböck über die Grundlagen der Stadtbaumpflege.

Ein wichtiger Grundsatz ist: Altbaum vor Neupflanzung. Die Pflege und der Erhalt alter Bäume sollte jedenfalls vorrangig sein. Diese spenden Schatten und kühlen die Umgebung. Bei einem neuen Baum dauert das 15-20 Jahre, bis Wirkung erzielt wird.

Wenn dennoch neu gepflanzt wird, ist die Pflanzgrube entscheidend.

„Lieber einen Baum um 1.000 Euro in eine Grube um 10.000 Euro setzen, als einen Baum um 10.000 Euro in eine Grube um 1.000 Euro“, bringt er es treffend auf den Punkt. „Die meisten Bäume in der Stadt werden vergraben, nicht gepflanzt“.

Bäume sind ein große Investition – finanziell aber auch in die Zukunft der Bürger:innen. Wenn der falsche Baum am falschen Standort schlecht gepflanzt wird, dann erhöht das den Pflegeaufwand und verkürzt die Lebensdauer, führte Klaffenböck aus. So könne eine Linde ein Alter von 150 Jahren erreichen. Die Linde ist die Baumart in unserer Hemisphäre. Man sagt ihr nach: Sie kommt 300 Jahre, dann steht sie 300 Jahre und dann geht sie 300 Jahre. In der Stadt ist jedoch die durchschnittliche Standzeit 35 – 45 Jahre. Für die Bäume ist Streusalz ein sehr großes Problem, eineschränkter Wurzelraum, Wassermangel und Mähschäden durch Schnürl- oder Balkenmäher. Wurzelschäden sowohl bei der Pflanzung, als auch durch unsachgemäße Baumaßnahmen, führen zum langsam Tod von Bäumen. Die Anwendung einer NORM zum Schutz der Vegetation bei Baustellen wäre eigentlich verpflichtend.

Schwammstadt-Prinzip

Das sogenannte Schwammstadt-Prinzip, wo bei der Pflanzung von Bäumen ausreichend große Gruben mit grobem Schüttmaterial und Substrat befüllt werden, wäre nicht nur für Eisenstadt eine Chance. Einerseits haben die Wurzeln daurch ausreichend Raum – was sich in einer gesunden, schattenspendenden Krone wiederfindet. andererseits kann der Boden bei Starkregenereignissen schnell Wasser aufnehmen, was den Kanal entlastet und Überschwemmungen vorbeugt. Das gespeicherte Wasser dient dem Baum dann noch lange als Flüssigkeitsreservoir.

Bäume in Kübeln und Trögen

Beim Spaziergang fielen zuerst Bäume in Trögen und Kübeln auf, die an vielen Stellen in Eisenstadt zu finden sind. Diese werden auf absehbare Zeit eingehen. Zum Teil liegen Wurzeln frei, weil zu wenig Substrat in den Behältnissen ist. „Es wäre viel schöner, wenn die Baumscheiben mit Blumen wie bei den Schmetterlingswiesen bepflanzt wären“, sagt eine Teilnehmerin. Die Bäume leiden auch häufig an Hitzeschäden wie Sonnenbrand und sind empfänglich für Schädlinge.

Baumschutz und Anbindung

Der Stamm von Jungbäumen muss geschützt werden, dabei sei es wichtig, dass die Technik richtig angewendet wird, zeigt Ing. Klaffenböck an einem Negativbeispiel. Der weiße Sonneschutz-Anstrich benötigt sorgfälltige Vorbereitung und muss in 2 Schichten aufgetragen werden. Danach sollte die Anbindung mit Juteseil erfolgen. Bei den Bäumen, die auch unten in der Bildergalerie zu sehen sind, wurde der Anstrich offensichtlich nach der Anbindung gemacht und diese hat sich gelöst und den Stamm mittlerweile beschädigt. Hier sollte regelmäßig nachkontrolliert werden.

Immer wieder sehen wir Bäume mit Streusalzschäden. Auch hier gibt es Alternativen, die verwendet werden können.

Baumschule

Die städtische Baumschule hinter dem Friedhof ist vorbildlich gepflegt und bietet optimale Bedingungen. Wichtig ist, dass Bäume in der Baumschule alle 3 Jahre „verschult“ werden. Dabei wird der Wurzelballen zurechtgeschnitten, sodass er kompakt bleibt und beim Verpflanzen an den tatsächlichen Standort, wichtige Wurzeln mit mehr als 3 cm Durchmesser nicht geschnitten werden müssen. Dann nämlich würde der Baum nachhaltig Schaden nehmen.

Andrea-Fraunschiel-Park

Beim neugestalteten Park wurden viele große Bäume gepflanzt. Einige Merkmale lassen die Vermutung aufkommen,  die Verschulung wäre nicht optimal oder vielleicht gar nicht durchgeführt worden. Dies sollte noch überprüft werden. Einer Teilnehmerin  fällt auf, dass viele Bänke so montiert wurden, dass sie im Sommer immer in der prallen Sonne sind. Noch dazu sind sie einbetoniert und können nicht verrückt werden. Schade ist aus Sicht der Anwesenden, dass die Bäume in Reih und Glied gepflanzt sind. Gemeinderätin Anja Haider-Wallner: „Es ist schade, dass unser gemeinsames Projekt ‚Naturnaher Kinderspielplatz‘ nun doch recht steril umgesetzt wurde. Die Kinder finden zwar eine schöne Spiellandschaft vor, ein ungeordneter Naturraum zum Gestalten ist es nicht geworden.“ Beim Platz wo die Bäume schachbrettartig im Kies stehen, schütteln alle Anwesenden nur den Kopf.

Platanenallee in der Bischof-Stefan-Laszlo-Straße

Die Bäume sind gesund und mit ausreichend Platz kultiviert. Es stellt sich die Frage, warum sie nicht versetzt eingepflanzt wurden, das würde einen besseren Wuchs gewährleisten – Platanen wachsen sehr schnell und sind raumgereifend. Ein Teilnehmer fragt sich, wie der Raum zwischen den Bäumen genutzt wird? Kommen da noch Bänke hin?

Baumreihe in der Johann-Sebastian-Bachgasse

Auf Anregung der Grünen wurde hier erst kürzlich eine Baumreihe aus Gleditschien und Kirschen gesetzt. Die Baumscheiben wurden vielfältig mit einem Mix aus Stauden und Sträuchern bepflanzt. Schon jetzt hat die Gasse eine angenehmere Atmosphäre, für die die Anwohner:innen ist es eine spürbare Verbesserung. Der Wunsch der Grünen war eigentlich, eine gemischte Baumreihe mit unterschiedlichen Arten und Sträuchern -auch Naschhecken. Ing. Klaffenböck bestätigt, dass Baumreihen und Alleen resilienter gegenüber Krankheiten und Schädlingen sind, wenn viele verschiedene Arten verwendet werden. Die Reihe sei dennoch vorbildlich umgesetzt.

Grüne Forderungen

Damit das Geld für Bäume zukünftig zweckmäßig und sparsam eingesetzt wird, fordern die Grünen dass:

  • ein unabhängiger Baumsachverständiger engagiert wird, der Pflegemaßnahmen für Altbaumbestände monitort, bei Planung von Neupflanzungen berät und diese dann auch abnimmt. Am besten schon mit einer Qualitätsbegutachtung in der Baumschule,
  • eine Pflegeoffensive für Altbaumbestände gestartet wird,
  • naturnaher Bepflanzung mit möglichst viel Diversität der Vorrang vor Neupflanzung von einheitlichen Baumreihen mit nur 4 Baumarten im gesamten Stadtgebiet gegeben wird,
  • Streusalz-Alternativen schon diesen Winter eingesetzt werden,
  • Bauhofmitarbeiter:innen in schonender Mahd und Baumpflege geschult werden.

* Ing. Joseph Klaffenböck ist allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Baumpflege, Baumstatik, Baumwertermittlung.

 

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